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Jeder siebte Steuerbescheid in Deutschland ist falsch

Jeder siebte Steuerbescheid in Deutschland ist falsch. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung, die das Bonner Forschungsinstitut Europressedienst im Auftrag von „Capital“ durchgeführt hat. Zwischen den einzelnen Bundesländern wurden dabei erhebliche Unterschiede festgestellt. Bei einigen Behörden habe die Fehlerquote sogar bei bis zu 50 Prozent gelegen. Bei dem bundesweiten Test aller 572 Finanzämter zeigte sich demnach auch ein Süd-Nord-Gefälle. Das beste Amt soll sich allerdings in Hamburg-Harburg und damit im hohen Norden befinden. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Bad Salzungen in Thüringen und Geldern in Nordrhein-Westfalen. Das schlechteste Amt fanden die Forscher im sächsischen Riesa. Nur wenig besser wurde Koblenz (Rheinland-Pfalz) und Altenburg (Thüringen) bewertet. Für die Untersuchung der 572 Finanzämter befragte das Bonner Institut Steuerberater und Lohnsteuerhilfevereine sowie Privatpersonen. Die Bearbeitungszeit beträgt der Studie zufolge bei knapp der Hälfte der Ämter mehr als acht Wochen. Nur 11,4 Prozent verschickten einen Steuerbescheid demnach bereits innerhalb von vier Wochen. Wenn allerdings der Steuerzahler eine Frist versäume, seien die Ämter sehr viel schneller: In diesen Fällen hätten mehr als die Hälfte von ihnen nach spätestens 14 Tagen gemahnt.

Der Test basiert in erster Linie auf 2.805 Fragebögen, die Berater in Steuerkanzleien und Lohnsteuerhilfevereinen ausfüllten. Dazu kamen unter anderem ein Service-Test sämtlicher Behörden mittels telefonischer Anfragen und die Überprüfung der Internet-Angebote der Behörden.

Für den Steuerpflichtigen haben die großen Qualitätsunterschiede der Ämter gravierende Folgen. Da es offensichtlich kein einheitliches Vorgehen der Steuerverwaltung gibt, hängt die Festsetzung der zu zahlenden Einkommensteuer stark vom zuständigen Finanzamt ab. Die Befragten monierten, dass der Kenntnisstand der Finanzbeamten über Gesetze, Urteile oder Erlasse von Amt zu Amt verschieden sei.

Als häufigsten Fehler beklagten mehr als zwei Drittel der Befragten, dass Ausgaben nicht anerkannt worden seien. Mehr als 50 Prozent nannten Übertragungsfehler; 42 Prozent monierten, dass Freibeträge und Pauschalen nicht berücksichtigt worden seien.

Immerhin jeder zweite Steuerzahler überprüft seinen Bescheid, jeder vierte lässt ihn sogar von Steuerberatern oder der Lohnsteuerhilfe prüfen. Doch fast 20 Prozent vertrauen dem Finanzamt blind; sechs Prozent gaben an, den Bescheid nicht zu verstehen.

Mit rund 70 Prozent hat die große Mehrheit der Steuerbürger noch nie Einspruch gegen einen Bescheid des Finanzamtes eingelegt. Knapp 30 Prozent jedoch widersprachen – davon fast 24 Prozent mit Erfolg.

Großzügig gehen die meisten Finanzämter (82 Prozent) mit Fristen und Fristverlängerungen um. Kritik übten die Befragten hingegen an der Art und Weise, wie Finanzbeamte Betriebsprüfungen durchführen. 43 Prozent gaben an, die Prüfung sei einseitig auf die Erzielung höherer Steuereinnahmen ausgerichtet. Gerade mal ein Drittel aller Privatpersonen nimmt für die Steuererklärung keine Hilfe in Anspruch. Zwei Drittel hingegen benötigen Unterstützung: durch Steuerberater (42 Prozent), amtliche Erläuterungen (38 Prozent), Software (21 Prozent) oder Verwandte und Bekannte (32 Prozent). Neun Prozent suchen einen Lohnsteuerhilfeverein auf.

Schlechte Noten bekommt auch die Steuerpolitik der Bundesregierung: Von der Steuerentlastung, die zum Jahreswechsel in Kraft trat, merken die meisten Steuerzahler wenig: 45 Prozent sehen keine Veränderung, 30 Prozent fühlen sich sogar stärker belastet. Jeder zweite hält das gesamte Steuersystem zudem für ungerecht.