Bürgschaften sind mit erheblichen Gefahren für den Bürgen verbunden. Bei Unterzeichnung der Bürgschaftsurkunde macht sich der Bürge dieses Risiko oft nicht hinreichend bewusst. Noch hofft er, es werde schon alles gut gehen. Grundsätzlich ist die Bank nicht verpflichtet, den Bürgen über die rechtliche Tragweite der Bürgschaft zu belehren. Die Bank muss auch nicht darauf achten, dass Irrtümer und Zweifel vermieden und unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden. Derartige Belehrungen schreibt das Gesetz lediglich im Rahmen der notariellen Beurkundung vor (§ 17 Beurkundungsgesetz). Hier schützt der Notar den Beteiligten davor, eine Erklärung zu unterschreiben, ohne sich deren Risiken vorher deutlich zu machen. Die Bürgschaftserklärung kann allerdings durch einfache Unterschrift abgegeben werden. Bürgen werden immer wieder von dem Umfang ihrer Haftung überrascht und klagen dagegen. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1994 bejahte das Bundesverfassungsgericht die Sittenwidrigkeit einer damals üblichen unbeschränkten Bürgschaft einer Ehefrau für die Schulden ihres Ehemannes. Seitdem werden Bürgschaften immer häufiger von den Gerichten für unwirksam erklärt. In einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) musste eine Bürgin nicht zahlen, weil sie von der Bank nicht ausreichend über den Umfang ihrer Haftung aufgeklärt wurde. In einem anderen vom BGH entschiedenen Fall wurde die Bürgschaftsverpflichtung eines GmbH-Gesellschafters eingeschränkt. Er musste lediglich den Teil der Darlehensforderung zahlen, der Anlass für die Gewährung der Bürgschaft gewesen war. Im Bankformular hieß es dagegen, der Bürge hafte für alle bestehenden und künftigen Ansprüche der Bank aus der Geschäftsverbindung. Diese Urteile stärken den Schutz des Bürgen vor einer unüberschaubaren Haftung. Dennoch bleibt die Bürgschaft ein höchst gefährliches Geschäft. Bürgen sollten ihre Unterschrift reiflich überlegen und zuvor die Möglichkeit anderer Sicherungsmittel oder die Beschränkung der Bürgschaftshöhe in Betracht ziehen. Schließlich kann sich ein Bürge auch nach heutiger Gesetzeslage mit einer einfachen Unterschrift um sein gesamtes Hab und Gut bringen.
Im ersten der oben genannten Fälle hatte die Beweisaufnahme ergeben, dass die Mutter des Schuldners zunächst eine Grundschuld als Sicherheit bestellten sollte. Sie erklärte jedoch gegenüber der Bank, ihr Wohnhaus nicht als Sicherheit hergeben zu wollen. Daraufhin wurde zwischen der Mutter und der Bank ein Bürgschaftsvertrag geschlossen. Die Bank, so die Richter, hätte die Bürgin darauf hinweisen müssen, dass ein Bürge mit seinem gesamten Vermögen einschließlich Grundbesitz haftet. Diese Pflichtverletzung führte zur Unwirksamkeit der gesamten Bürgschaft.
Im zweiten Fall bestätigte der BGH zwar, dass betragsmäßig unbeschränkte Bürgschaften von Mehrheitsgesellschaftern einer GmbH grundsätzlich zulässig sind. Im konkreten Fall konnte der Bürge jedoch keinen wesentlichen Einfluss auf die Kreditgeschäfte der Gesellschaft ausüben. Weder war er Geschäftsführer der GmbH, noch reichte seine Beteiligung an der Gesellschaft aus, um der Geschäftsführung entsprechende Weisungen zu erteilen. Unter diesen Umständen hielt der BGH die weite Sicherungsvereinbarung im Bürgschaftsformular für treuwidrig. Für die bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages bestehende Darlehenssumme musste der Bürge freilich einstehen.
BGH, Urteile vom 1. Juli 1999 (IX ZR 161/98) und
vom 15.07.1999 (IX ZR 243/98)