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Kontenabruf der Finanzverwaltung ab 01.04.2005.

Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch mehrere Eilanträge gegen das „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ abgelehnt. Der geplante Zugriff von Behörden auf Kontodaten ist demnach wie geplant ab dem 1. April möglich. Finanzämter und Sozialbehörden dürfen wie geplant ab 1. April auf Kontendaten der Bürger zugreifen. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hat mit einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluß mehrere Eilanträge gegen die Neuregelung abgelehnt. Zwar sei der Ausgang des Hauptverfahrens noch offen, bis dahin müsse aber das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Bürger hinter dem Ziel zurücktreten, Steuerlasten und Sozialleistungen gerechter zu verteilen. Laut Bundesfinanzministeriums ist ein elektronischer Zugriff auf die Daten aus technischen Gründen aber erst ab dem kommenden Jahr möglich. (Az: 1 BVR 2357/04 und 1 BvQ 2/05)

Durch das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit sollen die Finanzämter Zugriff auf die Daten von 500 Millionen Bankkonten und Wertpapierdepots bekommen. Auf Anfrage der Sozialverwaltungen dürfen sie die Daten auch für Sozialämter, Bafög-Stellen und Arbeitsagenturen ermitteln. Dabei erfahren sie neben Namen, Adresse, und Geburtsdatum des Inhabers die Nummern aller Bankkonten, Wertpapierdepots und Bausparverträge, sowie wann ein
Konto eröffnet oder geschlossen wurde und wer verfügungsberechtigt ist. In einem zweiten Schritt können auch Kontostände und Umsätze abgefragt werden. Dazu muß dem Kontoinhaber aber zunächst die Chance gegeben werden, die Existenz eines bislang verschwiegenen Kontos aufzuklären.

Inhaltlich erklärte das BVG, eine gleichmäßige Erhebung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie die Verhinderung des unberechtigten Bezugs von Sozialleistungen seien „gewichtige Gemeinwohlbelange“. Könne das Gesetz nicht wie geplant in Kraft treten, bleibe hierfür eine wichtige Kontrollmöglichkeit der Behörden ungenutzt. Weiter betonten die Karlsruher Richter, daß schon bisher ein Zugriff auf die Daten bekannter Konten möglich gewesen sei. Neu sei nun lediglich eine Kontrolle darüber, ob
bestimmte Konten verschwiegen würden.

Das Bundesfinanzministerium begründet die „Kontenabrufmöglichkeit der Finanzverwaltung“ wie folgt:

Steuerhinterziehung und -unehrlichkeit dürfen nicht auf dem Rücken der ehrlichen Steuerzahler ausgetragen werden. Das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit sorgt für Steuergerechtigkeit zwischen den Steuerzahlern. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass der Staat die Steuereinnahmen erhält, die ihm nach Recht und Gesetz zustehen. Das ist im Interesse aller ehrlichen Steuerzahler, denn für alle Steuern, die ein unehrlicher Steuerzahler nicht zahlt, muss letztendlich die Allgemeinheit aufkommen. Die Folge: höhere Steuern und Abgaben.

Die Finanzbehörden müssen nach dem Grundgesetz in der Lage sein, die Angaben eines Steuerpflichtigen im Einzelfall mit angemessenem Aufwand auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüfen zu können (Verifikationsgebot). Dies war in der Praxis bisher häufig nicht möglich. Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber aufgefordert, diesen Mangel zu beheben.

Die neue Kontenabrufmöglichkeit nach § 93 Abgabenordnung, die am 1. April 2005 in Kraft tritt, ermöglicht es jetzt der Finanzbehörde, die die Angaben des Steuerpflichtigen überprüfen muss, unter bestimmten Voraussetzungen die Existenz von bisher nicht angegebenen Konten oder Depots festzustellen.Dieser Kontenabruf erfolgt nur im Einzelfall. Und nur dann, wenn die zur Festsetzung oder Erhebung von Steuern notwendige Sachverhaltsaufklärung durch den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel führte.

Die Finanzbehörde erfährt mit einem Kontenabruf nur, bei welchem Kreditinstitut ein bestimmter Steuerpflichtiger ein Konto oder ein Depot unterhält nicht wie hoch die Kontenstände sind oder welche Kontenbewegungen stattgefunden haben.

Hat sich durch einen Kontenabruf herausgestellt, dass Konten und Depots vorhanden sind, die der Steuerpflichtige nicht angegeben hat, wird er mit dieser Tatsache konfrontiert und um Aufklärung gebeten. Erst wenn der Steuerpflichtige das Finanzamt nicht aufklärt, kann es sich an die betreffenden Kreditinstitute wenden. Dieses Auskunftsersuchen gegenüber Kreditinstituten ist auch nach bereits geltendem Recht zulässig.

Eine Information des Kreditinstituts über die Durchführung eines Kontenabrufs ist gesetzlich ausgeschlossen. Dies liegt im Interesse der Betroffenen, weil dadurch sichergestellt wird, dass das betroffene Kreditinstitut keine Kenntnis davon erlangt, dass die Finanzbehörde die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Steuererklärung seines Kunden in Zweifel zieht.

Neben der Steuergerechtigkeit wollte der Gesetzgeber zugleich sicherstellen, dass staatliche Leistungen nur an diejenigen ausgezahlt werden, die auch wirklich Anspruch auf diese Leistungen haben. Deshalb kann auch für nichtsteuerliche Zwecke die Abfragemöglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen genutzt werden. Knüpft ein außersteuerliches Gesetz, z.B. ein Sozialgesetz, bei Ermittlung der Leistungsfähigkeit eines Bürgers an einen Begriff des Einkommensteuergesetzes an, gilt: Die Finanzbehörden sollen auf Ersuchen der jeweils zuständigen Behörden oder Gerichte künftig ebenfalls Kontoabfragen durchführen können. Allerdings muss die ersuchende Behörde oder das ersuchende Gericht versichern, dass eigene Ermittlungen nicht zum Ziele geführt haben oder keinen Erfolg versprechen.